Mario Ohoven

Die Stimme des Mittelstands
Mario Ohoven

*1946 - †2020

...streitbar, ehrlich, unermüdlich!
Mario Ohoven

Athen ist der Anfang

ErfolgDer jüngste Akt im griechischen Dauerdrama ist nur das Vorspiel zu einer neuen Euro-Krise. Klammheimlich haben die Südländer sich vom Sparkurs verabschiedet und ihre Notenpressen wieder angeworfen. Das Tempo der Verschuldung gibt die US-amerikanische Notenbank vor. Brüssel klammert sich derweil an das Prinzip Hoffnung, was Griechenlands Leiden nur verlängern wird.

Das Griechenland-Drama ähnelt einem Schwelbrand. Kaum haben Brüssels Brandbekämpfer zum x-ten Mal verkündet, die Gefahr sei endgültig gebannt, flammt die Krise unvermindert heftig wieder auf. Der Grund dafür ist einfach: Statt Löschmittel verwendet die Euro-Feuerwehr Brandbeschleuniger.

Momentan erleben wir den jüngsten Akt des Trauerspiels. Athen steht erneut vor dem Abgrund. Bekommt das chronische klamme Land kein frisches Geld, droht im Sommer der Zahlungsausfall. Wir erinnern uns: Zuletzt sind die Hellenen im Sommer 2015 haarscharf am Grexit vorbeigeschrammt. Und das, obwohl bislang in drei Rettungspaketen rund 241 Milliarden Euro nach Griechenland geflossen sind, dazu ein Schuldenschnitt.

Nun ist guter Rat im Wortsinne teuer. In einem vertraulichen Papier schlägt Klaus Regling, Chef des Euro-Krisenfonds‘ ESM, eine Lockerung des Schuldenregiments als Ausweg aus der Malaise vor. Gedacht ist an eine Streckung der Kreditlaufzeiten um fünf auf 37,5 (!) Jahre. Zugleich sollen die Rückzahlungen bis 2050 auf ein Prozent des griechischen BIP festgesetzt und die Darlehenszinsen auf zwei Prozent begrenzt werden. So wolle man das „Schuldenmanagement optimieren“, hieß es dazu beim ESM.

Eine andere Form der Schuldenoptimierung praktizieren derweil die Südländer. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit machen Spanien und Portugal wieder munter Schulden. Madrids Haushaltsdefizit lag 2015 mit 5,1 Prozent rund einen Prozentpunkt über dem mit Brüssel vereinbarten Ziel von 4,2 Prozent. Portugal verfehlte im Vorjahr mit 4,4 Prozent die vorgegebene Defizitmarke von 2,5 Prozent sogar um fast zwei Prozentpunkte. Beide Länder dürften im laufenden Jahr ihre Sparziele auch nicht ansatzweise erreichen.

Gemessen an den USA sind Europas Schuldenstaaten jedoch Waisenknaben. Seit der Pleite von Lehman Brothers hat die US-Notenbank geschätzte 3,6 Billionen Dollar gedruckt und damit die Zinsen weltweit in den Keller gedrückt. Auf der anderen Seite werden in einer Währungs-Watchlist China, Deutschland und Japan für ihre beachtlichen Außenhandels- und Leistungsbilanzüberschüsse gerüffelt. Ihnen empfiehlt Washington, Erspartes auszugeben und fiskalische Stimulierungsprogramme einzuleiten, sprich: die Verschuldung hochzufahren.

Dieser Empfehlung werden die Euro-Schuldenländer nur allzu gern folgen, allen voran Griechenland. Und Brüssel? Dort setzt man auf das Prinzip Hoffnung. Wird der Druck auf Athen gemindert, würde die griechische Wirtschaft wieder wachsen. Doch daran hat nicht nur der IWF Zweifel.

Der unbequemen Wahrheit sehen bislang nur wenige Politiker ins Auge. Einer von ihnen ist FDP-Chef Christian Lindner. Er fordert ein Ende der neuerlichen „Hängepartie“ qua Grexit. Wohl aus der bitteren Erkenntnis heraus, dass für Griechenland ein Ende mit Schrecken besser ist als ein Schrecken ohne Ende.