Mario Ohoven

Die Stimme des Mittelstands
Mario Ohoven

*1946 - †2020

...streitbar, ehrlich, unermüdlich!
Mario Ohoven

Teure Target-Salden

ErfolgDie deutsche Wirtschaft boomt wie nie. Doch unter der Decke brodelt es gewaltig: Die EU-Schuldenländer haben Target-Salden in Rekordhöhe aufgetürmt – Forderungen, auf denen Deutschland im Ernstfall sitzenbleiben würde. Gleichzeitig will Brüssel offenbar die Maastricht-Regeln aufweichen. Die Bank für den Internationalen Zahlungsausgleich sieht Parallelen zur Finanzkrise 2007.

 

Deutschland steht derzeit im europäischen und internationalen Vergleich beneidenswert gut da: mit einem Beschäftigungsrekord von fast 45 Millionen Erwerbstätigen, mit Rekordexporten von knapp 1,3 Billionen Euro und Rekordsteuereinnahmen von über 730 Milliarden Euro. Unsere Unternehmen brummen wie selten zuvor. Also alles bestens, könnte man meinen.

 

Die eindrucksvollen Wirtschaftsdaten sind jedoch nur die eine, glänzende Seite der Medaille. Die Gefahr lauert im Dunkeln. Weitgehend unbemerkt von der (medialen) Öffentlichkeit hat sich eine gigantische Schuldenblase aufgebläht, die jederzeit platzen kann. Seit der Einführung der Gemeinschaftswährung und insbesondere während der Eurokrise haben die Südländer riesige Target-Salden aufgetürmt.

 

Mit einem Gesamtvolumen von 900 Milliarden erreichen sie nahezu den Umfang von drei Bundeshaushalten. Bald könnte es eine Billion sein. Die Crux daran: Die Verbindlichkeiten der nationalen Notenbanken untereinander bestehen buchstäblich nur auf dem Papier. Deutschland werde seine Forderungen nie einlösen können, warnt etwa Starökonom Prof. Dr. Hans-Werner Sinn. Er vergleicht das Target-System gern mit einer „goldenen Kreditkarte“.

 

Drei düstere Szenarien sind denkbar. Ginge die Währungsunion auseinander, bliebe Deutschland auf seinen Forderungen sitzen. Für die Krisenländer wäre es dann alle Male attraktiver, ihre Notenbanken pleitegehen zu lassen. Brächen nationale Geschäftsbanken zusammen, könnten die jeweiligen Notenbanken ihren Verpflichtungen gegenüber dem Euro kaum nachkommen.

 

Die dritte Variante wäre der Ausstieg einzelner Länder aus der Gemeinschaftswährung. Sie könnten mit einem Federstrich ihre Verbindlichkeiten durch Abwertung ihrer neuen Währung reduzieren. Für den Verlust müssten die restlichen Euroländer aufkommen. Deutschland wäre in jedem Fall der Gelackmeierte.

 

Und was tut Brüssel? Anstatt einen konsequenten Sparkurs in Euroland einzufordern, will man offenbar neuen Schulden der Südländer Tür und Tor öffnen. Der Trick: Bisher muss jedes Land sein Defizit unter drei Prozent der Wirtschaftsleistung halten. Künftig soll die Drei-Prozent-Grenze für die Eurozone als Ganzes gelten. Damit könnten die Euroländer ihre Neuverschuldung fast verdreifachen. Deutschland dagegen würde für seine Haushaltsdisziplin auch noch bestraft.

 

Die EU-Kommission bestreitet Pläne dieser Art. Doch die Heftigkeit ihres Dementis stimmt Beobachter in Brüssel und Berlin  nachdenklich. Zugleich schlägt die Bank für den Internationalen Zahlungsausgleich in ihrem jüngsten Quartalsbericht Alarm. Die Spitzenbanker sehen Parallelen zu der Zeit vor der Finanzkrise 2007. Mit dem feinen Unterschied, dass einzelne Länder heute sogar noch mehr Schulden angehäuft haben als damals.