Mario Ohoven

Die Stimme des Mittelstands
Mario Ohoven

*1946 - †2020

...streitbar, ehrlich, unermüdlich!
Mario Ohoven

Enteignung leicht gemacht

ErfolgIn der Eurozone dürfen Sparer künftig enteignet werden. Der worst case könnte schon bald eintreten. Der IWF verabschiedet sich aus der Griechenlandhilfe, in den Krisenländern Südeuropas schnellt die Zahl der Firmenpleiten nach oben.

Kluge Kunden lesen immer auch das Kleingedruckte. Dies gilt für Verträge, es gilt ebenso für die mediale Berichterstattung. Eine kleine Nachricht kann schon mal untergehen, wie jüngst zwischen heimischem Wahlkampf und Weltwirtschaftsforum in Davos. Danach hat der weltweit führende Kreditversicherer Coface in der Länderbewertung Italien und Spanien auf B herabgestuft.

Zur Begründung heißt es, die Wirtschaftsleistung in Südeuropa gehe in diesem Jahr weiter zurück. Mit seiner Negativprognose liegt Coface richtig, wenngleich sich die offizielle Politik bemüht, das Desaster schön zu reden. Auch Konkurrent Euler Hermes warnt vor „erheblichen Risiken“ im Euroraum. So werde 2013 die Zahl der Firmeninsolvenzen in Italien, Spanien, Portugal und Griechenland um 19 Prozent ansteigen.

Auf den Punkt gebracht: Die Südländer sind de facto „pleite“. Sie können sich nicht aus eigener wirtschaftlicher Kraft aus der Schuldenspirale befreien. Im Gegenteil, jeder weitere Kredit verschärft das Problem noch. Zypern ist ein Beispiel. Der Schuldenstand der Inselrepublik lag 2012 bei 14 Milliarden Euro, das entspricht knapp 90 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung. Mit den beantragten EU-Finanzhilfen würde sich der Schuldenberg mehr als verdoppeln.

Ein weiteres kommt hinzu. Brüssel müsste eigentlich alle Schuldnerländer gleich behandeln. Tatsächlich sind einige „gleicher“. Um Spanien mit Zypern gleichzustellen, müssten die europäischen Geberländer eine Billion Euro nach Madrid überweisen. Das erscheint auf den ersten Blick abstrus, hat aber System.

Denn insgeheim haben die Eurokraten längst eine Exit-Strategie beschlossen. Eine kollektive Handlungsklausel, kurz CAC (Collective Action Clause), stellt praktisch einen Freibrief für künftige Schuldenschnitte dar. Schlimmer noch: Die Euroländer könnten die Rückzahlung ihrer Staatsanleihen sogar komplett verweigern.

Da solche Papiere in jeder Lebensversicherung stecken, träfe der worst case auch Millionen deutscher Sparer. Wie diese Form der Enteignung in der Praxis funktioniert, hat sich beim griechischen Schuldenschnitt gezeigt. Ohne CAC wäre die „freiwillige“ Umschuldung im Vorjahr nie zustande gekommen.

Die Stunde der Wahrheit könnte schneller kommen, als viele denken. Der Internationale Währungsfonds (IWF) ließ verlauten, die Euroländer müssten ab 2014 Finanzlöcher im Hilfsprogramm für Athen selbst stopfen. Damit nimmt der IWF die Eurogruppe beim Wort: Sie hatte sich verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die griechische Staatsschuld bis 2022 auf 110 Prozent des BIP zurückgeht.

Ein zweiter Schuldenschnitt allein dürfte dafür nicht reichen. Deshalb werden die Euro-Staaten zwangsläufig zur Enteignungsklausel greifen. Und das völlig legal: Denn CAC ist Bestandteil des Europäischen Stabilitätsmechanismus. Entscheidend ist eben das Kleingedruckte.