Mario Ohoven

Die Stimme des Mittelstands
Mario Ohoven

*1946 - †2020

...streitbar, ehrlich, unermüdlich!
Mario Ohoven

Baustelle Bildung

ErfolgBildung muss für die neue Bundesregierung Chefsache sein. Das Bildungssystem befindet sich in einer Schieflage: In Grundschüler wird zu wenig investiert, zugleich wächst die Zahl der Studenten im Rekordtempo. Die staatlich geförderte Akademisierung geht zu Lasten der dualen Ausbildung.

Deutschlands Zukunft steckt bekanntlich nicht unter der Erde, sondern zwischen unseren Ohren. Nicht Rohstoffe, sondern Bildung ist unsere wertvollste, weil einzige Ressource. Will Deutschland im weltweiten Wettbewerb an der Spitze bleiben, muss die neue Bundesregierung dafür die Weichen stellen: Bildung muss Chefsache werden.

An Geld mangelt es nicht. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hatte für Bildung und Forschung immerhin 13 Milliarden Euro zusätzlich in den Haushalten der Jahre 2010 bis 2013 eingestellt. Diese Mittel wurden auch ausgegeben. Aber stimmt(e) dabei die Akzentsetzung? Erhebliche Zweifel sind angebracht.

In Deutschland fließen mehr staatliche Mittel in die Ausbildung, je älter die Schüler beziehungsweise Studierenden werden. Mit fatalen Folgen: So lassen wir uns den Unterricht in der Grundschule rund 5.700 Euro pro Schüler und Jahr kosten, das liegt deutlich unter dem Durchschnitt der OECD-Länder. Lediglich Sachsen-Anhalt, Hamburg, Thüringen und Sachsen erreichen mit über 6.500 Euro das OECD-Mittel. Ausgerechnet NRW als bevölkerungsreichstes Bundesland bildet mit 4.900 Euro das Schlusslicht.

Auf der anderen Seite boomen die Hochschulen. Im Wintersemester 2013/14 dürfte die Zahl der Studierenden den bisherigen Rekord von 2,5 Millionen aus dem Vorjahr noch einmal übertreffen. Kein Wunder: Den Studenten lässt Vater Staat im Vergleich mit anderen Ländern besonders kräftige Unterstützung angedeihen. Denn der Run auf Fachhochschulen und Universitäten war lange Zeit gewollt.

Bildungsexperten aller politischen Couleur sahen in steigenden Zulassungszahlen einen Wert an sich. Rein rechnerisch hat sich die Zahl der Hochschulabsolventen innerhalb von zehn Jahren verdoppelt. Dieser bildungspolitische Etappensieg beruht allerdings auf einem Trick: Wer auf sein Bachelor-Studium noch einen Master drauf setzt, wird in der Statistik doppelt gezählt.

Allmählich dämmert den Bildungsverantwortlichen die Erkenntnis, dass es bei der Akademisierung einen Verlierer gibt – das duale Ausbildungssystem. Studenten laufen Azubis zunehmend den Rang ab. Während die Hörsäle aus allen Nähten platzen, suchen bundesweit Betriebe händeringend Bewerber für ihre Lehrstellen.

Ein Weiteres kommt hinzu. Längst nicht jedes Studium eignet sich für den Arbeitsmarkt. Unternehmen bieten dort Ausbildungsplätze an, wo entsprechende Nachfrage besteht. Die Hochschulen dagegen produzieren akademischen Nachwuchs am laufenden Band, oft genug ohne Rückkoppelung mit der Praxis.

Schließlich sprechen Erfahrungen und Erfolge unserer dualen Ausbildung gegen eine forcierte Akademisierung. Immer mehr Länder gestalten ihre berufliche Bildung nach deutschem Vorbild (um). Deutschland ist zudem besser durch die Krise gekommen als seine europäischen Nachbarn. Ginge es nach der Akademikerquote, müsste es eigentlich umgekehrt sein.