Mario Ohoven

Die Stimme des Mittelstands
Mario Ohoven

*1946 - †2020

...streitbar, ehrlich, unermüdlich!
Mario Ohoven

Abgewälztes Risiko

ErfolgBrüssel erhöht unmittelbar nach der Bundestagswahl den Druck auf Deutschland. Es drohen neue Milliardenlasten durch eine europäische Arbeitslosenversicherung. Zudem strebt Griechenland eine Streckung der Rückzahlung seiner Hilfskredite an.

Die Katze ist aus dem Sack. Pünktlich nach der Bundestagswahl zieht Brüssel ein milliardenschweres Projekt aus der Schublade, eine gemeinsame europäische Arbeitslosenversicherung. Dort ruhte der Plan seit Monaten. Denn mit ihrem weitergehenden Vorschlag für einen eigenen Haushalt der Eurozone waren die Präsidenten von EU-Kommission, Rat, EZB und Euro-Gruppe Ende des vergangenen Jahres auf breite Ablehnung gestoßen.

Deshalb nun die Light-Version: Länder mit hoher Erwerbslosigkeit sollen 50 Prozent der Sozialkosten aus einem EU-Fonds ersetzt bekommen. Im Brüsseler Amtsdeutsch heißt es, die geplante Versicherung solle „die Risiken ökonomischer Schocks vergemeinschaften und so Fluktuationen in den Nationaleinkommen reduzieren“. Wer dabei wirklich ein Risiko eingeht, verrät die Statistik. Die Arbeitslosenquote in Griechenland beträgt 28 Prozent, in Spanien 26 Prozent. Deutschland dagegen liegt bei 6,9 Prozent. Insgesamt sind mehr als 19 Millionen Menschen in den Euro-Ländern ohne Arbeit.

Der deutsche Steuerzahler merkt die Absicht – und ist verstimmt. Zumal die Krisenländer dringend notwendige Strukturreformen im Schneckentempo angehen. Griechenlands Grundbuch ist dafür ein Beispiel. Als einziges Land in Europa verfügen die Hellenen bis heute über keinen verlässlichen Kataster. Der solle spätestens 2020 vorliegen, versichert Athen. Was kaum bekannt ist, die Arbeiten daran laufen seit 1995. Die EU steuerte damals 150 Millionen Euro als Starthilfe bei. Mittlerweile sind rund 1,2 Milliarden Euro verfrühstückt, darunter hunderte Millionen aus Brüssel. Aber allenfalls ein Drittel des Landes ist erfasst.

Umso kreativer sind die Griechen auf anderem Gebiet. Etwa, wenn es um die Minderung der Schuldenlast geht. Aus Athen ist durchgesickert, dass man einen Großteil der Hilfskredite auf bis zu 50 Jahre strecken möchte. So sollen Kredite aus dem ersten Rettungspaket in eine 50-jährige Anleihe getauscht werden. Zur Erinnerung: Das Euro-Land musste zweimal mit insgesamt 240 Milliarden Euro vor der Pleite bewahrt werden. Zum ersten Paket von 110 Milliarden Euro steuerten die Euro-Partner knapp 53 Milliarden Euro bei. Vom IWF kamen 20 Milliarden Euro, der Rest stammt aus dem Euro-Rettungsfonds EFSF.

Die Rückzahlung soll 2025 beginnen. Doch Athen spielt mit der Anleihe auf Zeit. Geben die Geldgeber nach, würde sich dieser Termin um Jahrzehnte nach hinten verschieben. Bis dahin dürften zudem neue Schulden auflaufen. Griechenland braucht 2014 ein weiteres Hilfspaket. Lediglich dessen Volumen ist noch umstritten. Experten rechnen mit mindestens zehn Milliarden Euro. Vielleicht fällt es auch etwas größer aus. Brüssel und damit Berlin schießt notfalls gerne nach. Denn was bei der Arbeitslosenversicherung erst noch kommen soll, ist bei der Euro-Rettung längst Realität. Risiken werden vergemeinschaftet, sprich: abgewälzt.